„Recht herzlich dankend für die zu große Güte, daß Hochderselbe auch den Dienst am 6. August und Sonntag den 7. Übernehmen wollen, werde ich wohl meine sieben Zwetschken zusammen packen
und nach St. Florian durchbrennen wo ich meine Grillen nach Belieben auslassen kann“, schreibt Anton Bruckner Anfang August 1881 an seinen Kollegen Pius Richter um die Orgeldienste an der Wiener Hofkapelle aufzuteilen. Bruckner zeigt sich dabei einmal mehr als humorbegabter Mensch, den viele nicht erwarten würden. Im Durchbrennen steckt die Leidenschaft für seine Heimat Oberösterreich, in dem Fall besonders für seinen Heimathafen St. Florian, in dem er auch so markant und geplant seine ewige Ruhe finden wird.
Noch bemerkenswerter ist der Ausdruck, dass er dort „seine Grillen nach Belieben auslassen kann.“ Er ist sicher, dass er dort seine Verrücktheiten und Eigenheiten freien Lauf lassen kann und meint dies wohl nicht nur hinsichtlich seiner Schrulligkeiten als Mensch, sondern vor allem auch darin, dass er idealen Raum zum Schaffen seines unvergleichlichen Werks vorfindet. Die arbeitsfreie Zeit war die Zeit für die Arbeit am Ureigenen, am Werk. Die er in Wien nur in den Abendstunden nach getaner Arbeit findet. „Man muss Heimat haben, um sie nicht nötig zu haben.“, schreibt Jean Amery viel später aus ganz anderen Gründen. Bruckner wusste, wohin er gehörte, er sich selber hörte, und doch führt sein Werk weit über den Horizont des Heimatlandstrichs hinaus in die Weiten der Welt.
Wir, Oberösterreicher und Oberösterreicherinnen, verstehen uns auf das Feiern von Festen. Der Schriftsteller Karl-Markus Gauß führt die Gegenreformation und deren Rückholaktionen in Form einer exzessiven Volksfestkultur als Wurzel für unsere Festivalkultur ins Treffen, die sich bis heute in mehr als 80 Festivals manifestiert. In der ersten oberösterreichischen KulturExpo aus Anlass des 200. Geburtstags des Genius Loci haben wir uns auf unerhört vielfältige Weise dem Menschen Bruckner und seinem Werk angenähert. Eine Annäherung, die der Gegenwart eines der intensivsten Kulturlandschaften Europas, seinen schöpferischen Menschen entspringt.
Jetzt ist er da, der 200. Geburtstag. Am 4. September feiern wir 24 Stunden lang im ganzen Land, das Bruckner Orchester Linz und Markus Poschner in St. Florian, Franz Welser-Möst und das Cleveland Orchestra in Ansfelden. In Linz, Steyr, Kronstorf, Windhaag, Wilhering, Kirchdorf an der Krems oder in Vöcklabruck wird in der Gegenwart gespielt, getanzt, gesungen, gezeigt, gehört und erlebt. Bruckner bewegt, verbindet, stiftet uns an. Damit ist das Brucknerjahr nicht vorbei, es kulminiert nur an diesem besonderen Tag, um nicht nur bis zum 31. Dezember anzuhalten. Wir werden aus diesem Jahr als Veränderte mit vielen neuen Erfahrungen der Zusammengehörigkeit und Offenheit aufbrechen, wie es eben nur die Kunst vermag. Dabei gilt es nicht nur Anton Bruckner zu gratulieren, sondern uns allen!