Schwingungserhöhung

Kultur ist nie ein Standbild. Kultur ist eine Bewegung, ein Prozess, in dem wir unter anderem unsere Zusammengehörigkeit thematisieren und verhandeln. Die Kunst reißt dabei die Fenster auf, die Welt kommt eina, wir können aussi blicken, um oberösterreichische Richtungsadverbien ins Spiel zu bringen. Die Kunst weckt unsere Sinne auf, erhebt, unterhält, irritiert, wirft Fragen auf, weist uns auf das Ungreifbare, Magische, Zauberhafte, Rätselhafte des Menschseins hin, Kunst lässt uns staunen. Wer staunt, liegt niemals falsch, denn es gibt kein falsches Staunen im richtigen Leben. Und in der Zusammengehörigkeit steckt das Hören, eine menschliche wie musikalische Urbedingung.

Ansfelden, das Traunviertel ist der Lebensraum, von dem Anton Bruckner aufbricht und dem er immer verbunden bleiben wird, auch wenn die Wände und Orte im Laufe seines Lebens wechseln. Ortswechsel verheißen Wachstumsschübe. Im Zwischenland zwischen Wirtshaus und Kirche, zwischen Enge und Weite, außen und innen musste er geschehen. Dort, wo ein Dialekt gesprochen wird, der bis heute unverwechselbar ist und auf den Klang der Menschen abfärbt, oder er auf ihn. Das Dazwischen wird Bruckner zur Zone, zum Areal. Seine ländliche Herkunft, die ihn über das Lehrerdasein zum Linzer Domorganisten und schließlich als Lehrenden an die Wiener Universität geführt hatte, legte er ebenso wenig ab, wie seine weitläufige Kleidung oder seinen eindeutigen Herkunftsdialekt.

Die Vielfalt, die ich in den vergangenen Monaten in Oberösterreich und in der Welt erleben und erhören durfte, ist unerhört. Ich denke dabei stellvertretend an das Ensemble UNIverse, in dem Profimusikerinnen, Hobbymusiker und Musikbegeisterte unter der Leitung von Petra Linecker und Andreas Huber inklusiv miteinander musizieren. Jeder und jede der 17 Musiker:innen bringt sich mit all ihrem und seinem Können und großer Musizierfreude ein, um ein musikalisches UNIversum gemeinsam zum Klingen zu bringen.

Das inklusive Ensemble UNIverse, ein Highlight des „Florian-Empfang“ am 3. Mai 2024 im Marmorsaal von St. Florian. Foto: Land OÖ/Kerschbaummayr

Beim Florian Empfang im Marmorsaal des Stiftes St. Florian hat UNIverse mit Severin Trogbachers Stück „außen.Vor!“ – das sich auf das Universum der Vierten Sinfonie von Anton Bruckner bezieht – ein Ereignis von berührender Dringlichkeit erleben lassen. Wir, Zuhörenden, wurden von Bruckners transformierter, feinstofflicher Klangwucht erfasst.

Dieses Ereignis repräsentiert die Bewegungsmöglichkeiten unserer Kultur, die gerade in den letzten Monaten durch die Formate des Bruckner-Jahrs und der Kulturhauptstadt, eine Schwingungserhöhung und Raumerweiterung erfahren. Die Erfahrung schaffen wir, in dem wir das Neue, Andere, das Gemeinsame und Gewohnte neu wagen. Dabei entdecken wir das Verbindende im Zwischenland, auch im Widerspruch, öffnen die Fenster zu uns und der Welt.

Portrait Norbert Trawöger

Norbert Trawöger
Künstlerischer Leiter Anton Bruckner 2024

Ebenfalls aus der Reihe „Mit Bruckner durchs Jahr“:

Bruckner! Bewegt, heiter*

Es gibt nicht einen Bruckner, sondern mehrere. In diesem Artikel der Serie „Mit Bruckner durchs Jahr“ zeigt Norbert Trawöger auf, dass dies mitunter ein heldenhafter, ein zweifelhafter, ein rätselhafter oder auch ein sinnierender sein kann.

Aufbruch ins ABenteuer!

Das Bruckner-Jahr startete mit einem wahren Konzertreigen, der sich über Linz, Haid und Kirchdorf bis hin nach Wien zog und die erste OÖ KulturEXPO mit einem musikalischen Feuerwerk gebührend aus der Taufe hob.

Wir sind eine Sinfonie!

„Bruckner is coming home“ wurde für die Planung der ersten OÖ KulturEXPO ausgerufen, was nichts anderes heißt, als über ihn in der Gegenwart ins Gespräch zu kommen. Genau das macht Norbert Trawöger, Künstlerischer Leiter Anton Bruckner 2024, in seiner Reihe „Mit Bruckner durchs Jahr“.

Aussi, eina.

Im Artikel setzt sich Norbert Trawöger mit den Sprach- und Klanglandschaften von Oberösterreich, die untrennbar in Verbindung mit dem Genius Loci Anton Bruckner stehen und in der OÖ KulturExpo 2024 anlässlich seines 200. Geburtstag über alle Grenzen hinaus getragen werden, auseinander.

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